TAGBLATT vom 26.3.: Streit um Zuwanderungsbremse
In Kürze muss der Bundesrat entscheiden, ob er die bestehende Ventilklausel für die acht osteuropäischen EU-Mitgliedländer verlängert, oder sie auf alle EU-Staaten ausdehnt. Die Ventilklausel, die im Personenfreizügigkeitsabkommen verankert ist ermöglicht bei starker Zuwanderung Kontingente für die Arbeitsbewilligungen ausländischer Arbeitskräfte bis im Juni 2014 einzuführen. In der Ostschweiz sind gemäss dem Tagblatt alle Kantone für die Ventilklausel, ausser St. Gallen. Regierungsrat Fredy Fässler rechtfertigt die Haltung der Regierung damit, dass der aussenpolitische Schaden grösser sei als der innenpolitische Nutzen. Abgesehen davon, dass uns kein formeller Beschluss der St. Galler Regierung zu diesem Thema bekannt ist, muss man sich fragen, warum der Vorsteher des Departements für Sicherheit und Justiz Stellung zu diesem Thema nimmt und nicht sein Kollege vom Volkswirtschaftsdepartement oder der Regierungspräsident. Dies umso mehr, als Regierungsrat Fässler eigentlich in seinem Kernbereich, der öffentlichen Sicherheit, genug zu tun hätte, wie die vor einigen Tagen veröffentlichte kantonale Kriminalstatistik zeigt. Auch letztes Jahr haben die Straftaten wieder zugenommen, und zwar um insgesamt 6,5 %. Bei den Einbruchdiebstählen wurden sogar 20 % mehr Fälle registriert.
Im Übrigen ist es seltsam, dass sich die St. Galler Regierung mehr Sorgen um die Aussenpolitik, als um die Glaubwürdigkeit der Innenpolitik macht. Zur Erinnerung: In der Abstimmungskampagne vom Februar 2009 über die Vorlage zur Weiterführung und Ausdehnung der Personenfreizügigkeit mit der EU wurde von den Befürwortern, zu denen auch die St. Galler Regierung gehörte, die Möglichkeit zur Einführung der Ventilklausel für die Beschränkung der Einwanderung als wichtiges Argument benutzt, um für die Zustimmung zur Vorlage zu werben.
Die ungebremste Nettozuwanderung, die in den letzten Jahren rund 70'000 Personen jedes Jahr umfasste, was in etwa der St. Galler Stadtbevölkerung entspricht, lässt die Schweiz bald aus allen Nähten platzen. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Schweiz die Ventilklausel anwendet, denn sie ist praktisch das letzte Instrument über das sie noch verfügt, um die Zuwanderung aus der EU zu drosseln.
Die Schweiz ist für die EU ein eigentlicher Einwanderungsmagnet geworden und die Eurokrise, die mit dem faktischen Bankrott von Zypern einen neuen Höhepunkt erreicht hat, wird die Attraktivität unseres Landes noch weiter erhöhen. Es ist also völlig unverständlich, dass die St. Galler Regierung nicht wie die Regierungen der anderen Ostschweizer Kantone die Zeichen der Zeit erkannt hat, sondern einfach den Kopf in den Sand steckt.
Herbert Huser, Präsident SVP Kanton St. Gallen
Michael Götte, Fraktionspräsident SVP